Altiplano: die Lagunenroute

Die Höhe ist immer noch unser Hauptthema und deshalb sind wir etwas verärgert, als der chilenische Grenzbeamte uns nach Erhalt des Ausreisestempels gar nicht losfahren lassen will: Es wäre noch nicht klar, ob die Straße morgen befahrbar wäre und es wäre sehr kalt – ach nee, das wissen wir bereits. Das mit der Straße natürlich nicht. Also übernachten wir nochmal notgedrungen in San Pedro de Atacama auf 2600 Höhenmetern, was unser ganzes Höhentraining und unsere Akklimatisation wieder zusammenschrumpfen lässt, die Lagunenroute, die vor uns liegt, liegt weitgehend auf 4400m. Über sie wird viel spekuliert. Durch den Schneefall der letzten Tage kann keiner so genau sagen, ob die Straße nun matschig ist, oder ob der Schnee vielleicht sogar die eine oder andere Passage erleichtert. Die wilden Theorien nehmen am Morgen ein Ende, wir dürfen endlich losfahren und uns selber ein Bild machen. Auf nach Bolivien! Direkt nach der Grenze liegt bereits die erste Lagune der Route: Laguna Verde, sie ist irre schön und durch den umliegenden Schnee märchenhaft bezaubernd. Die Pisten sind knackig angefroren und dadurch gut befahrbar – ich glaube, Heinz hat Spaß an der Offroad Strecke – mir macht es nicht so viel Spaß, wenn ich darüber nachdenke, dass diese Strecke 450km so sein wird. Gerade will ich richtig loszaudern, als zwei Fahrradfahrer auf uns zurollen, Schweizer, wie sich herausstellt, die ganz im Glück sind, diese heftige Strecke so gut und so lebendig gemeistert zu haben – mir bleibt der Zauder im Halse stecken! Ich muss mich nicht beschweren! Die beiden haben nur Fahrräder und ein Zelt….. . Wieder befriedeter lasse ich mich durch die Landschaft ruckeln, bis wir zum Übernachtungsplatz kommen, zu den heißen QuellenThermas de Polques.

Heinz und ich überlegen, ob wir gleich in den heißen Pot springen, oder erst am nächsten Morgen, da erzählt uns ein Mitreisender, dass gerade die Klos im Pool gewaschen wurden – Uarghhhhh! Diese Entscheidung wurde uns also gerade abgenommen, das Bad entfällt. Die Nacht ist eisig kalt, –17 Grad und auf 4400 m erneut anstrengend und kopfwehlastig. Auf der Lagunen-Route kann man der Höhe nicht entfliehen, wir brausen weiter und fahren an blubbernden Schlammgeysiren vorbei, die richtig witzig sind, und befinden uns zwischendurch auf knapp 5000m Höhe – Rekord. Die Piste ist schlecht und  ich mosere dann doch ein wenig, heute sind keine Fahrradfahrer in Sicht, die mir die schlechte Laune verderben könnten – armer Heinz!  Doch dann erreichen wir die Laguna Colorada und mit ihr ein Heer von Flamingos, die auch ohne rosa Brille richtig pink sind und die in pink-rotem Wasser stehen.  Uff, das ist toll! Und ich will über die schlechte Piste wieder gar nichts gesagt haben! Hier bleiben wir gleich 2 Nächte, die Flamingos machen lustige Tänze und rhythmische Formationen, man wird nicht müde zuzusehen. Heinz läuft zu Hochform auf und ist für einen Tag passionierter Tierfotograph.

Am nächsten Tag nehmen wir die vermeintlich bessere Straße nach Uyuni und übernachten zwischen lauter Lokomotivwracks auf dem Eisenbahnfriedhof, um dann das nächste Highlight anzugehen: Die Fahrt durch den Salar de Uyuni, ein riesiger ausgetrockneter Salzsee, auf dem man 70 km durch nichts als Weiß bis zu einer Insel fahren kann. Immer wieder gibt es Löcher in der Salzkruste, Ojos, wo man sehen kann, dass die Salzschicht gar nicht so dick ist – lieber nicht soviel drüber nachdenken und drüberheizen! Unfassbar, was für Landschaften diese Welt bereithält – was vergleichbares hab ich nie zuvor gesehen. Hier ist GPS zwingend notwendig und in den Spuren der Tourenfahrzeuge zu bleiben wichtig, sonst wäre es einfach, sich zu verfahren und nicht mehr so gut rauszufinden aus der weißen Salzwüste. Ein zweites Mal übernachten wir auf der weißen Fläche, ich versichere Heinz, dass wir schon nicht einsinken werden in der Nacht – und so war es auch, am nächsten Morgen brettern wir weiter durch das Salz und verlassen Uyuni  in Richtung der Minenstadt Potosi.

Kupfermine, Passbilder und Urlaub

Bevor wir wieder mit unglaublichen Landschaftsbildern um die Ecke kommen, erst mal die Fotos vom Minenbesuch Chuquicamata. In Calama, Chile, wird Kupfer abgebaut in der größten Übertage-Kupfermine der Welt. Sie ist 1000m tief, 3000m breit und 4300m lang. Alle Informationen, die wir bekommen, während wir von der Aussichtsplattform in das Riesenloch schauen, sind Superlative: Größte Muldenkipper mit den größten Reifen und Tonnen Fassungsvermögen (350 to). Verbrauch von 3 Litern Diesel pro Minute….. Beeindruckt sind wir eh schon ob der riesigen Abmessungen der Mine und der Fahrzeuge, die von oben noch aussehen wie Spielzeug.

Langsam nehmen wir Abschied von Chile und fahren noch ein letztes mal nach Argentinien. Die Anden überqueren wir über den Paso Sico in schwindelerregender Höhe. Selbst der Grenzbeamte stöhnt ob der dünnen Luft und seine Gesichtsfarbe sieht gar nicht gut aus. Aber die Landschaft ist abermals unfassbar und durch die Höhe, in der wir uns befinden und die Einsamkeit, fühlt sich alles ungreifbar und surreal an. Wo hat es uns da hin verschlagen? Wir brausen weiter und ehrlich gesagt freuen wir uns auch an jedem Höhenmeter, den es auf schlechten Straßen wieder hinunter geht.

Unten angekommen in der argentinischen Stadt Salta brauchen wir erst mal Urlaub! 6 Tage verbringen wir am Beckenrand eines wasserleeren Freibades und erholen uns von den Strapazen der Reise. Die Stadt schauen wir uns natürlich an, sie ist schön und so lebendig!

Nach der Verschnaufpause sind wir wieder bereit, den nächsten Pass zu fahren, wieder über die Anden, kurz nach Chile und dann gleich nach Bolivien. Wir fahren den Paso de Jama, der wegen Schneefall den Tag zuvor noch gesperrt war. Die Höhe ist wieder atemberaubend, die nächtlichen Temperaturen eisig. Schlafplatzkriterien sind hier ausschließlich die Höhe, Heinz und ich feilschen um jeden Meter und unsere Tagebücher stehen voll mit Höhen- und Minustemperaturrekorden. Wieder enttäuscht uns die Route nicht, es ist schön und nochmals völlig anders als das, was wir bisher gesehen haben. Adios Argentinien! Wir fahren mit Spannung Bolivien entgegen, wohlwissend, dass das auch nicht tiefer liegt, aber es nützt ja nichts, es muss ja weitergehen die Reise und ich habe den Verdacht, dass wir uns langsam an Höhe und Kälte gewöhnen.