Feuerland und: Das Ende der Welt

Nun ist die Stadt Ushuaia nicht mehr weit und ich fiebere ihr entgegen, für uns ist es nicht nur das Ende der Welt, so wie es  überall propagiert wird, es ist auch ein Etappenziel und Wendepunkt. Wenn wir dort ankommen, haben wir Argentinien nahezu in seiner gesamten Länge durchfahren. Somit haben wir an diese Stadt, in der wir laut Rosmarie das Umdrehen nicht vergessen sollen, hohe Erwartungen – Zeit zu sehen, ob sie hält was sie verspricht und wie sich das Ende der Welt und Feuerland so anfühlen!

Wir überqueren mit der Fähre die Magellanstraße und sind in Feuerland, im chilenischen Teil. Immer noch ist die Gegend menschenleer und karg und in der ersten chilenischen Stadt, Cerro Sombrero, in der wir einen Geldautomaten suchen, finden wir außer krasser eigentümlicher Architektur aus den 1960 Jahren und Öldenkmälern nichts – auch kein Geld.  Da wir aber am nächsten Tag sowieso weiter südlich wieder nach Argentinien einreisen und im argentinischen Teil Feuerlands weiterfahren, gibt es keine weiteren Geldfragen.

Und dann ist es endlich soweit! Ushuaia ist in Sicht, wir laufen ein und finden einen schönen Stellplatz im Hafen, wo wir mit Kreuzfahrtschiffen und Frachtern die Aussicht auf den Beagle-Kanal genießen! Ushuaia ist toll – wild, witzig und quirlig, Touristen aus der ganzen Welt lassen sich hier den Stempel: “El fin del Mundo”, “das Ende der Welt” in den Pass stempeln – wir auch. Wir verbringen ein paar Tage hier, hier kommt man nur noch mit dem Schiff weiter in Richtung Süden, Antarktisexkursionen starten von hier aus. Uns genügt die eine oder andere Wanderung mit himmlischen Ausblicken.  In der Umgebung besuchen wir noch die Estancia Haberton – der Name gefällt mir! Hier gibt es eine Forschungsstation für Meerestiere. Wenn irgendwo in der Nähe ein Wal strandet, wird er hierher gebracht und von zahlreichen Biologiestudenten mit Zahnbürsten und Messerchen zerlegt. Heinz riet ihnen beim Abschied: “Heute Abend die Zahnbürsten nicht verwechseln!” Irgendwie ließ uns dieser Tag in der Estancia Haberton fassungslos zurück, was für verschiedene Lebensweisen es gibt und was für interessante Tätigkeiten am Ende der Welt verrichtet werden müssen!

So, Umdrehen nicht vergessen! Gesagt, getan, von nun an brausen wir wieder in Richtung Norden! Immer der Sonne entgegen! Von Argentinien reisen wir wieder nach Chile ein, in Onaisin haben sich ein paar Königspinguine niedergelassen, das ist wunderbar, liegt auf unserer Strecke. Man bemerke den wunderschönen Farbverlauf am Hals. Dann überqueren wir abermals die Magellanstraße und Patagonien und das Festland hat uns wieder! Adios Feuerland – Du hast gehalten, was Du versprochen hast, wie könntest Du auch nicht!

Anmerkungen von Heinz, wie immer zum Schluss noch ein paar harte Fakten: Unserer Mobilie war inkontinent. Glücklicherweise war die nächste IVECO-Werkstatt nur 250 km entfernt – um die Ecke quasi. Es hat sich dann herausgestellt, dass es sich lediglich um eine lockere Einspritzdüse gehandelt hat – losgerüttelt auf den endlosen Schotterpisten. Solange sonst nichts ist…

Vom Flachland in die Berge

Wie versprochen sind wir nach rechts abgebogen und sehen plötzlich – wie aus dem Nichts – die Anden vor uns aufragen. Hier wollen wir hin, hier wollen wir wandern. Wir erreichen El Chalten, die Bergsteigerstadt am Fusse des Fitz Roy – ein gemütliches Dorf mit vielen Touristen aus der ganzen Welt! Der Ausgangspunkt für alle Trekkingtouren.

Wir packen unsere Rucksäcke und ich verdränge den Gedanken, dass sich darin wirklich für 3 Tage Proviant befinden plus Schlafsäcke und Zelt! Ich bin noch nie so lange am Stück gewandert und wenn, dann haben wir in einem ordentlichen Bett geschlafen und abends in der Hütten Kässpätzle gegessen – hier werden wir Wasser aus dem Bach holen mit ordentlich Gletscherschliff darin und ein Fertignudelgericht wird unser Abendessen sein.

Am Nachmittag kommen wir im Basis-Lager am Cerro Torre an und sind tatsächlich fix und alle, aber die Anstrengung hat sich gelohnt, in der wilden Natur zu campieren macht Spass und müde fallen wir in unser Zelt im Wald.  Am nächsten Morgen quälen wir uns früh aus den Schlafsäcken heraus, um den Sonnenaufgang zu bewundern und dann geht es weiter, am 2. Tag läuft es sich schon etwas runder. Es gibt wieder viel zu sehen, Gletscher, Seen, Wiesen…… Das nächste Basis-Lager am Fitz Roy ist wieder mitten im Wald und wir schlagen kaputt unser Zelt auf. Nach einiger eisigen Nacht brechen wir mit leichtem Gepäck auf, um die wunderschöne Laguna de los Tres am Fuße des imposanten Cerro Fitz Roy zu erklimmen. Nebel und Regen lassen uns jedoch nur erahnen, wie es hier aussieht… Der Rückweg nach El Chalten ist nochmal weit aber mit spektakulären Ausblicken und mit jedem Schritt ins Tal wächst die Freude auf eine heiße Dusche und ein kleines bisschen Stolz mischt sich auch ins Gefühl: Hurraaaaa, wir haben es geschafft 3 Tage wandern und 2 Nächte im eisigen Wald. (Lediglich Petra ist stolz, höre ich gerade, für Heinz ist das alles ganz easy und völlig normal!).

Weihnachten, genau, Weihnachten war ja auch noch! Weihnachten haben wir in einer bunten Runde gefeiert, eine österreichische Familie und deren Freunde haben uns zum Weihnachtskaffee eingeladen. Der selbstgebackene Outdoorkuchen war köstlich! Weihnachten auf der grünen Wiese mit fremden Freunden, eine sehr empfehlenswerte, entspannte Variante!

Nach 10 Tagen in und um El Chalten wollte uns die Straße wieder. Wir fahren weiter gen Süden vorbei am türkisblauen Lago Argentino, der uns zu vielen Fotostopps zwingt, überholen so manchen Fahrradfahrer, der gegen den patagonischen Wind ankämpft, drücken aufs Gas und kommen im nächsten Touristen Hot Spot, Calafate, an. Hier her kommen alle wegen des Perito Moreno Gletschers – so wie wir auch.

Dieser Gletscher ist so unbeschreiblich beeindruckend, nicht nur die Dimensionen hauen einen um, sondern auch die Farben, das Licht, das Farbenspiel. Wenn ein Stück abbricht und der Gletscher einen kleinen Eisberg ins Wasser entlässt (kalbt), kracht es und lärmt und schleudert einzelne Eisbrocken Meter weit. Wir haben das Spektakel und diese Magie 2 Tage lang genossen. Der Rückweg am Abend auf unseren freien schönen Campingplatz 70 km entfernt ist für argentinische Verhältnisse ein Katzensprung. Wir wundern uns immer noch darüber, in Deutschland wäre das Dorf und der Campingplatz viel näher an der Sehenswürdigkeit – hier ist die Sehenswürdigkeit Natur pur, umgeben von Natur pur und die Leute müssen mit ihrer Zivilisation und allem was daran hängt einen respektvollen Abstand wahren. Perito Moreno Gletscher, du bist so schön und bisher mein Reisehighlight!